Atemberauschend (2): Die österreichische Titanic, das Südbahnhotel

Ein langersehnter Traum ging für mich in Erfüllung, als wir an einem Samstag im Februar eine Führung durch das Südbahnhotel machten. Das alte Grand Hotel am Semmering ist für mich die österreichische Titanic. Es ist untergegangen und mit ihm auch so viel Erinnerungen an rauschende Zeiten und Lichtgestalten unserer Kultur.

Was die Beelitzer Heilstätten für das deutsche Urbex sind, ist das Südbahnhotel vielleicht für Österreich – der mit Abstand bekannteste „Lost Place“ mit einer unnachahmlichen Magie, die sich nicht nur im Verfall begründet sondern vor allem auch in der bewegten Biografie des historischen Gebäudes.

Lange war das Hotel verbarrikadiert und nicht zugänglich (glaubt mir, ich habe es auf verschiedensten Wegen probiert, physisch wie digital) und bei meinem letzten Besuch letztes Jahr hatte ich schon nahezu abgeschrieben, es jemals im Zustand seines letzten verbliebenen Glanzes je von innen zu sehen. Doch es kam anders – das Hotel wurde verkauft – und zwar an niemand geringeren als denjenigen, der von Polaroid gerettet hat, was es zu retten gab – und die Pforten des majestätischen Bauwerks öffnen sich erneut.

Das Hotel wird umgebaut werden. Wie viel von seiner ursprünglichen Identität erhalten bleiben wird, ist ungewiss. Bei dem Eigentümer besteht jedoch die Chance, dass es in guten Händen ist (zumindest hoffe ich das). Das absolut unvorstellbar wunderbare ist nämlich, dass noch unglaublich viel an originalem Mobiliar und Innenausstattung erhalten ist. Fliesen, Parkettböden, Möbel, es ist alles noch da. Und wenn man im Waldhofsaal steht, gewärmt von den Februarsonnenstrahlen, die durch die Panoramafenster fallen, die Augen über das weite Land schweifen lässt und den Erzählungen über all die Persönlichkeiten lauscht, die sich von der Magie dieses Ortes haben berauschen lassen, ist es fast, als könnte man den Nachhall der Walzerklänge und das Lachen der vielen tanzenden Gäste aus früheren Jahrhunderten noch erahnen wenn das Herz ein wenig schneller schlägt.

(Und dann ist der kleine Gänsehautmoment, als die ansonsten hell strahlenden Kronleuchter bei der Erwähnung von „1938“ und „Lazarett“ kurz ein paar Mal flackern, kaum noch verwunderlich.)

Unbezahlte Werbung. Selbst ausgesucht, selbst gekauft – persönliche Meinung. Einfach sehr viel Liebe.

4 Kommentare Gib deinen ab

  1. Ruhrköpfe sagt:

    wow, das ist ja alles beeindruckend schön 🤩 Danke dir und liebe Grüße, Annette

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  2. Mitzi Irsaj sagt:

    Ein beeindruckendes und wunderschönes Gebäude und ein ganz besonderer Lost Place, weil hier der Verfall nicht so zu sehen ist, wie sonst ganz oft. Der hat natürlich seinen morbiden Reiz, aber hier finde ich es so viel schöner, zu sehen wie gut das alles noch erhalten ist.
    Ein echter Schatz. Hoffentlich verschwindet nicht alles.
    Liebe Grüße

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  3. Christine sagt:

    Was für ein wunderschönes Hotel! Diese Einrichtung… und dann noch der Ausblick auf die Berge dazu… wirklich toll!

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