Fazit über mein Jahr 2021 mit meinem Wort des Jahres „nein“.
Von Neujahrsvorsätzen halte ich wenig. Von persönlicher Entwicklung und Wachstum halte ich viel. So hat es sich in den letzten Jahren für mich etabliert, einen Begriff in den Mittelpunkt meines Jahres zu stellen. Den nehme ich immer mit, spüre das entsprechende Wort in allen Entscheidungen mitschwingen. Im letzten Jahr war es die vielleicht bisher größte Herausforderung. Ich wollte öfter „nein“ sagen. Denn „nein“ sagen, das kann ich nicht gut. „Nein“ denken – darin bin ich talentiert. Aber es aussprechen, für mich einzustehen, meine Grenzen achten und wahren, das ist eines meiner größten Themen.
Also wie war es, mein Jahr mit dem „nein“?
Ich will lernen meine Bedürfnisse als genauso wichtig anzusehen wie die der anderen. Ich will lernen, dazu zu stehen, dass ich vielleicht grade etwas möchte, das jemand anderes nicht will, auch wenn es zu einem Konflikt führen kann. Nein, ich habe keine Zeit. Nein, ich habe keine Lust. Beides sind legitime Gründe etwas nicht zu tun und welches Gegenüber auch immer das nicht akzeptieren will, wird es lernen müssen.
Sophie Ofühl
Das habe ich Ende 2020 geschrieben, mit der Vorahnung eines sehr massiven „Nein“, das im Begriff war, auf mich zuzurollen und nachdem meine Seele schon so lange verlangte. JA, ich habe „nein“ gesagt. Nein zu meiner Rolle in einem toxischen Familiensystem, nein zu den ewigen Schuldgefühlen, die damit einhergingen. Nein dazu, ständig Feuer zu löschen, nein dazu Ersatz für alles andere zu sein. Nein dazu, passen zu müssen, angepasst zu sein.
Und oh, das war und ist schmerzhaft. Denn man sagt nicht einfach „nein“ zu narzisstischen Familienstrukturen. Man sagt nicht einfach „nein“ zu emotionalem Missbrauch und emotionaler Gewalt. Man sagt „nein“ zu Mama und Papa. Man sagt „nein“ zu den Menschen, die nach landläufiger Meinung die sind, die es am besten mit einem meinen und die immer für einen da sind, egal was passiert. (Nur in meinem Fall halt nicht. Wie in vielen anderen auch, aber darüber reden kaum jemand.) Man sagt „nein“ zu allem, was man an Familie kennt und was einem immer als das oberste Gebot eingebläut wurde. Du darfst den Göttern nicht widersprechen.
Es ist ein „nein“ zu all dem, wie das Leben funktioniert hat, denn plötzlich sieht man, dass nichts mehr funktioniert. Alles gerät aus den Fugen. Die Muster brechen und das tut auch die Seele. Doch dieses „nein“ ist auch ein „nein“ zu permanenter Retraumatisierung und einem Kreislauf des immer wiederkehrenden Traumabondings. Dieses „nein“ ist ein „ja“ zu dem, das 2022 am Programm steht: Heilung.